Der Antriebsmix der Zukunft
Wie sieht der Stapler der Zukunft aus? Welchen Antrieb hat er – und wie wird er eingesetzt? Bei „Thesen am Tresen“ diskutieren vier Experten aus unterschiedlichen Bereichen darüber, was sie von einem Stapler erwarten.
„Wir brauchen den Dieselstapler, um Geschwindigkeit zu generieren“, sagt Daniel Küster. Küster ist Supply Chain Director bei der Warsteiner Group. Sein Alltag sind schwere Paletten mit Bier – oder wie er es ausdrückt: „Schweres Gut und lange Wege.“ In diesem speziellen Umfeld, ist Küster überzeugt, hat der Dieselstapler als „Zugpferd“ noch eine wichtige Rolle zu spielen, die kein alternativer Antrieb so schnell ersetzen wird. Küster ist einer der Diskussionsteilnehmer in „Thesen am Tresen“, einer mehrteiligen Debattenrunde, die STILL erstmalig im Rahmen des Deutschen Logistik Kongresses 2021 organisiert hat. In diesem Fall mit dem Titel: „Alles außer Abgase: So sieht der Stapler der Zukunft aus“. Küster stellt diesen Titel mit seiner Eröffnung also direkt mal infrage: Die Zukunft werde ein Mix aus Antrieben sein, je nach Anwendung. „Der Verbrenner-Stapler ist tot, aber Totgesagte leben länger.“
Auf den Antriebsmix können sich zwar prinzipiell alle einigen – bei der Gewichtung und der Relevanz einzelner Antriebsformen aber ist man verschiedener Meinung. Doch genau das ist ja auch der Sinn des STILL Diskussionsformats. „Verbrenner ja – ob es Diesel bleibt, ist zu diskutieren“, gibt Dr. Thorsten Schmidt zu bedenken, Inhaber der Professur für Technische Logistik an der TU Dresden. Der Wissenschaftler weist darauf hin, dass in diesem Bereich gerade sehr viel geforscht werde, zum Beispiel in Richtung synthetisch erzeugter Kraftstoffe. Und er wagt die Prognose, dass die Ladezeiten bei E-Staplern niemals so reduzierbar sein werden, dass sie mit einer schnellen Tankladung mithalten können. Für Schichtbetriebe oder 24-Stunden-Einsätze behält hier also der Verbrenner einen kleinen Vorteil.
„Wasserstoff wird vergessen“
Anders sieht das Rolf Beckmann, der sich klar für den E-Stapler in die Bresche wirft. Beckmann ist Director Engineering bei der Fiege Logistik Stiftung, vertritt in der Runde also die Kontraktlogistik und ihre besondere Herausforderung, flexibel auf alle Arten von Anforderungen zu reagieren: „Ich glaube an die Weiterentwicklung der Lithium-Ionen-Batterie“, unterstreicht Beckmann. Unter anderem, was höhere Reichweiten angeht: „Dann ist das Thema Batteriewechsel kein Thema mehr.“ Zudem gibt er zu bedenken, werde Wasserstoff zu häufig in öffentlichen Diskussionen als mögliche Energiequelle vergessen. Der Antriebsmix der Zukunft – aus Beckmanns Sicht wird er sehr vielfältig sein.
Thesen, denen auch Frank Müller zustimmt, als Senior Vice President Brand Management / Sales & Service Steering STILL EMEA ist er Vertreter der Ingenieursseite in der Runde: „Bei drei bis fünf Tonnen sind E-Stapler heute schon so leistungsfähig wie der Diesel“, sagt Müller. Im Bereich Wasserstoff wiederum forsche STILL ja bekanntlich schon seit vielen Jahren, und er sei optimistisch, was die Weiterentwicklung angeht: „Ich bin der festen Überzeugung, Wasserstoff wird noch eine deutlich prominentere Rolle bekommen.“ Allerdings, räumt Müller ein, brauche es vermutlich eine größere Skalierung durch entsprechende parallele Entwicklungen in der Auto-Industrie.
Der Ball liegt bei den Ingenieuren
Skeptischer ist hier der Wissenschaftler Schmidt: „Es ist beeindruckend, was die Ingenieure geleistet haben, aber es wird kostspielig bleiben“, lautet sein einschränkendes Fazit zum Thema Wasserstoff. „Es funktioniert technisch, aber ist weniger wirtschaftlich.“ Einer Einschätzung, der Beckmann widerspricht: „Wir möchten in den Bereich reingehen“, sagt er aus Käufersicht und verweist unter anderem auf die Möglichkeiten von Elektrolyseuren als Speichermedium. Auch Küster von der Warsteiner Group ist als Kunde prinzipiell aufgeschlossen, fordert aber ebenfalls, den „Business-Case zum Wasserstoff – ohne politisch getriebene Subventionen“. Der Ball liegt also nach Ansicht der Runde bei den Ingenieuren und Produzenten, die Kunden langfristig von der Wirtschaftlichkeit zu überzeugen. Das weiß auch Müller. Nachhaltigkeit werde bei STILL immer häufiger von Kundenseite angefragt, hat er als Produzent festgestellt: „Aber es kommt eben dann zum Schwur, wenn ein entsprechendes Preisschild dranhängt.“ Dieses Spannungsfeld zwischen „Nachhaltigkeit und finanzieller Performance“ sei STILL sehr bewusst. Gleichzeitig denken so manche Unternehmen hier noch zu defensiv, mahnt Müller, denn: „Mittelfristig wird das, was mit dem Klimawandel auf uns zukommt, teurer werden, als wir uns vorstellen können.“
Was treibt Roboter an?
Obendrein beeinflusst in diesem Zusammenhang noch ein ganz anderes Thema die Parameter: Verändert der Stapler der Zukunft möglicherweise sein Aussehen und seine Funktion? „Sitzen in zehn Jahren wirklich noch Menschen auf den Staplern?“, fragt zum Beispiel Beckmann. Und auch Küster gibt zu bedenken: „Wir müssen Roboter stärker in den Fokus rücken.“ Der aktuelle Trend zum E-Commerce verändere derzeit sehr viel, gerade in Bezug auf Schnelligkeit, Fahrzeuggröße und dementsprechend möglicherweise auch die Anforderungen an die Antriebe. „Für die Nachhaltigkeit ist das eher kontraproduktiv“, räumt auch Schmidt ein. Schnelligkeit und ständige Verfügbarkeit drängen möglicherweise in die Gegenrichtung von nachhaltigen Prozessen. Ausgemacht sei das aber noch nicht: „Ich sehe den klassischen Stapler noch sehr lange auf dem Markt, der kann viel effizienter mit der Vielfalt der Anforderungen umgehen“, betont Schmidt. Ein abschließendes Urteil, dem sich auch Müller anschließen kann: „Die Automatisierung wird weiter an Fahrt aufnehmen. Ob der Stapler ein Auslaufmodell ist – so weit würde ich nicht gehen.“
Die gesamte Diskussion zum Thema „Stapler der Zukunft“ bei „Thesen am Tresen – Der STILL Logistik-Talk“ können Sie hier im Video verfolgen. Genauso wie die anderen Talkrunden des Diskussionsformats.
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